„Lachen Helfen“ feiert 25 erfolgreiche Jahre
Die Mitglieder von „Lachen Helfen“ denken normalerweise nur an andere, denen es viel schlechter geht: die zahlreichen Kinder in den Kriegs- und Krisengebieten dieser Welt. Doch am 21. Oktober 2021 standen die Helfer bei einem Festgottesdienst und einer anschließenden Feierstunde zum 25-jährigen Bestehen der außergewöhnlichen Initiative von Soldaten und Polizisten in der Koblenzer Falckenstein-Kaserne ausnahmsweise selbst im Mittelpunkt.
Gute Laune – und ein Lachen – zum Jubiläum zeigten GenLt Jürgen Knappe und BrigGen Markus Kurczyk vom Vorstand des Vereins und Professor Patrick Sensburg MdB a.D., der eingeladene Präsident des Verbands der Reservisten der Deutschen Bundeswehr (VdRBw).
Rückblick
Begonnen hatte alles am 27. März 1996 unter dem Motto „Teddybären für die Krajina“. Im ehemaligen Jugoslawien eingesetzte deutsche Soldaten, darunter der inzwischen verstorbene HptFw Uwe Stuttfeld, wollten dem Elend der Menschen nicht länger tatenlos zusehen.
Vor allem durch sein Engagement für humanitäre Hilfe auf dem Balkan – in Kroatien, in Bosnien und Herzegowina und später im Kosovo – wurde der Verein schnell bundesweit bekannt. Kinder, die Schwächsten aller Betroffenen, standen im Mittelpunkt der spontanen Hilfe der Soldaten vor Ort, und der heutige Vereinsname war schnell gefunden: „Was macht Ihr hier?“ – Die Antwort von Uwe Stuttfeld auf einer Patrouillenfahrt, den Kindern zugewandt: „Lachen helfen! – Wir möchten, dass die Kinder wieder fröhlich lachen können.“
HptFw Uwe Stuttfeld, Raketenartillerist in der Stabskompanie der 7. Panzerdivision in Düsseldorf, ist im Jahr 2001 unerwartet und viel zu früh verstorben. Er war auf dem Balkan ein Soldat der ersten Stunde und 1996 der Gründer von „Lachen Helfen“.
Die Feierstunde
Dem Vereinsnamen entsprechend drehte sich im Casino der Falckenstein-Kaserne alles um das Helfen und das Lachen. Nicht ganz unpassend, wenn auch ein wenig doppeldeutig vor dem Festgottesdienst, spielte zum Auftakt die Dixie-Besetzung des Heeresmusikkorps Koblenz das Gospellied When the Saints Go Marching In von Edward Boatner, das alle erkannten, auch wenn es nur instrumental vorgetragen wurde.
Nach der Begrüßung durch den Vereinsvorsitzenden Oberstlt d.R. Roderich Thien richteten der Oberbürgermeister der Stadt Koblenz David Langner und der Hausherr der Falckenstein-Kaserne und Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr GenOStArzt Dr. Ulrich Baumgärtner Grußworte an die Versammelten.
Festrede
Die Festrede hielt der Parlamentarische Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung a.D. Dr. Peter Tauber MdB a.D.. Er begann mit dem Zitat des großen Philosophen Immanuel Kant: „Drei Dinge helfen, die Mühseligkeiten des Lebens zu tragen: Die Hoffnung, der Schlaf und das Lachen.“ Tauber ließ das erfolgreiche Vierteljahrhundert des Vereins in vielen Beispielen Revue passieren und stellte fest: „Viele der Kinder, denen die Männer und Frauen von damals ein Lachen geschenkt haben, sind heute Erwachsene, haben selbst Kinder.“ Die Initiative Lachen Helfen sei ein lebendiges Beispiel Innerer Führung, die Verantwortung einfordere und es nicht gestatte, sie auf den Vorgesetzten oder die Gesellschaft zu delegieren. „Das bedeutet: Sieht man Not, dann ist man aufgefordert, etwas zu tun und nicht nur Meldung zu machen.“
„Lachen Helfen“ habe einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Hilfsorganisationen: Seine Repräsentanten kommen als Soldaten oder Polizisten auch an Orte, die für zivile Helfer unzugänglich oder zu gefährlich sind. Außerdem können sie unmittelbar und über einen langen Zeitraum die Planung, Umsetzung und Fertigstellung von Hilfsmaßnahmen wie zum Beispiel Bauvorhaben begleiten, so dass kein gespendeter Euro in dunklen Kanälen versickern kann. Die benötigten Dienstleistungen, Baustoffe und Hilfsgüter werden vor Ort beschafft, was ein weiterer stabilisierender Faktor in einer Krisensituation ist.
Peter Tauber, selbst Hptm d.R., wünschte der Initiative weitere erfolgreiche 25 Jahre: „Die Welt ist wie sie ist. Wir werden auch in der Zukunft Kinder sehen, denen nicht nach Lachen zumute sein kann. Ihnen zu helfen, das Lachen wiederzufinden, ist ein hoher Anspruch. Aber er ist vielleicht viel eher das, worauf es im Leben ankommt, als das, was wir sonst für wichtig halten.“ – Die Dixie-Band übernahm mit einem Tusch und spielte You Are the Sunshine of My Life von Stevie Wonder…
Festgottesdienst
Schon zuvor hatten sich die beiden Militärbischöfe Dr. Franz-Josef Overbeck (mi.re.), als Bischof von Essen dem Verein schon viele Jahre verbunden, und Dr. Bernhard Felmberg (mi.li.) über den musikalischen Auftakt amüsiert. So hatten sie fröhlich scherzend – und ebenfalls lachend – ihren ökumenischen Festgottesdienst eröffnet. Der heutige Anlass ließ das wohl offenbar zu. Sie beide traten jeweils mit einer Predigt dem zelebrierenden Militärdekan a.D. Reinhard Gorski (re.), Mitglied des erweiterten Vorstands des Vereins, zur Seite. Auch Monsignore Rainer Schnettker (li.), der Leitende Militärdekan aus Köln, richtete sein Geistliches Wort an die versammelte Gemeinde. Ein wahrhaft hochkarätig besetzter Festgottesdienst zu Ehren von „25 Jahren Lachen Helfen“. – Die andächtig Zuhörenden waren so bewegt, dass bei der Kollekte während des Gottesdienstes spontan € 557,– zusammenkamen, die als Spende beim Verein verblieben.
Feldbericht
Zur Sache – Wo der Verein nach 25 Jahren Einsatz für die Kinder in Kriegs- und Krisengebieten steht: Hierzu zogen Mitglieder des Vorstands Bilanz und gewährten lebendige Einblicke in aktuell durchgeführte Kinderhilfsprojekte.
Wolfgang Hanakam, Gründungs- und langjähriges Vorstandsmitglied, das stets gewissenhaft über die Durchführung von Projekten wachte und das Zahlenwerk zusammenhielt, gab einen Bericht, wo in der Welt der Verein bisher aktiv gewesen ist und wie es heute um ihn steht.
Dabei stellte er auch die gerade in Buchform erschienene Chronik „25 Jahre Lachen Helfen“ vor. Dort ist nachzulesen, dass der Verein seit 1996 in 19 Einsatzländern auf vier Kontinenten (Europa, Asien, Afrika und Südamerika) für rund 4,4 Millionen Euro mehr als 620 Hilfsprojekte von Schulheften über ganze Schulen, Spielplätze und Waisenhäuser bis hin zu einer Kinderklinik gestiftet oder gefördert hat. Damit wurde in 25 Jahren schätzungsweise 325.000 Kindern ein Stück besseres Leben – und ein glückliches Lachen – geschenkt.
Danach gaben stellvertretend ein aktiver Soldat und ein aktiver Polizist – selbst als Macher vor Ort gewesen – in lebendiger und mitreißender Weise Einblicke in zwei aktuell durchgeführte Kinderhilfsprojekte. Außerdem berichtete ein Polizeiverantwortlicher, wie aus Deutschland heraus, zur Zeit aktive Hilfsmaßnahmen für vertriebene und von den Eltern getrennte Kinder im neuen Krisengebiet Ukraine angestoßen und auf den Weg gebracht werden.
Markus Kurczyk war schon als Oberstlt ab 2006 im Camp Marmal in Masar-e Scharif und 2011/2012 (als Oberst) und 2019/2020 (als BrigGen) in Kabul. Dort sammelte er wichtige Erfahrungen – auch für Lachen Helfen, und er kennt Afghanistan. Er nahm häufig selbst Kontakt zu lokal Verantwortlichen in der Bevölkerung draußen auf und erkannte, wo Hilfe gebraucht wurde. So lernte er auch die Gründerin des Shamsa-Kinderdorfes im Norden Kabuls kennen und vereinbarte mit ihr weiterreichende Investitionen in dessen Ausbau, den er dann in mehreren Etappen selbst vor Ort begleitete. In spannender wie gleichzeitig ergreifender Weise berichtete er nun mit zahlreichen Photos von seinen Erlebnissen: wie die Baumaßnahmen abliefen und wie begeistert und dankbar die elternlosen Kinder, die in geschützter Umgebung unter der Fürsorge freiwilliger „Mütter“ dort leben, diese Zuwendung von den fremden Soldaten aufnahmen. Er ist heute im Vorstand von Lachen Helfen. (–> Hilfsprojekt Shamsa-Kinderdorf in Kabul)
Heiko Lammertz und Toni Kirchmair, Polizeihauptkommissare aus Mönchengladbach bzw. Köln, bildeten zwei der noch verbliebenen sieben Polizisten des deutschen Einsatzkontingents im Rahmen der hybriden Operation der Afrikanischen Union und der Vereinten Nationen UNAMID im westlichen Sudan. Seit 2003 tobte dort in der Region Darfur ein bewaffneter Konflikt zwischen Rebellengruppen und der Zentralregierung, dem mehr als eine halbe Million Menschen zum Opfer fielen. Fünfmal so viele, ein Drittel der Bevölkerung, wurden zu Vertriebenen im eigenen Land. Ab 2007 waren 26.000 Blauhelmsoldaten eingesetzt, um die Menschen in den zerstreuten Dörfern vor den ständigen Übergriffen und Massakern der Rebellen zu beschützen. Heiko Lammertz hatte schon 2014 zusammen mit POK Ulrich Kruse aus Bremen im Rahmen von UNMISS unter Lachen Helfen ein Schutzhaus für obdachlose, von ihren Eltern auf der Flucht getrennte Kinder im Südsudan errichten helfen (–> Hilfsprojekt Kinderschutzhaus in Maper Akot / Aweil (Südsudan)). Nun war er in der kleinen Stadt Tawilah in Nord-Darfur (Sudan) stationiert und konnte wieder nicht zuschauen. Innerhalb eines Jahres, 2018, stampfte er eine zerstörte Schule für Jungen, eine für Mädchen, einen Kindergarten und ein Krankenhaus jetzt mit Kinderhospiz wieder aus dem Wüstenboden. Das machte nicht nur Eindruck in der Region. Bei einer offiziell von der UNO veranstalteten Feierstunde zur Einweihung wurden die beiden Polizisten ausgezeichnet, und es gab eine weitreichende internationale Berichterstattung über diese deutsche Aktion (–> Beitrag Die zwei neuen Helden). Immer noch emotional tief bewegt schilderte er den anwesenden Gästen, wie sich alles zugetragen hatte. – Inzwischen sind die beiden nicht mehr in Afrika, sondern seit 2020 für EUMM in Georgien stationiert, wo sie wieder eine Schule instandgesetzt und neu ausgestattet haben. Heiko Lammertz ist Beisitzer im erweiterten Vorstand von Lachen Helfen. (–> Hilfsprojekt Dorfschule Odzisi am Rande des Kaukasus).
Uwe Mainz war Kriminaldirektor in Düsseldorf und leitete vor zehn Jahren schon die Ausbildung von Polizisten und Sicherheitskräften in Afghanistan. Er ist seit langem Mitglied im Rotary Club Neandertal, der sich intensiv in der Ukraine engagiert. Schon 2016 hatten die Neandertaler Kontakt zu der EU-zertifizierten wohltätigen Stiftung Шлях до Дому (Schljach do Domu – „Der Weg nach Hause“) in Odessa bekommen, die sich um gestrandete Kinder und Jugendliche kümmert, welche bei der Flucht von der Halbinsel Krim nach deren russischer Annektion 2014 den Kontakt zu ihren Eltern verloren. Nach längeren Verhandlungen konnte Uwe Mainz ein gemeinsam von Lachen Helfen und dem Rotary Club finanziertes Hilfsprojekt realisieren, das von der ukrainischen Stiftung an der Schwarz-Meer-Küste auf der Kinburn-Halbinsel umgesetzt wurde: den Aufbau eines Sommerlagers in dem Ort Pokrowske für gestrandete Jugendliche aus dem Raum Odessa. Was sich wie ein Ferienlager anhört, ist weit mehr. Jeweils rund 200 Kinder und Jugendliche in der Betreuung qualifizierter Pädagogen können sich hier regenerieren und ins soziale Leben zurückfinden, aus dem sie zuvor herausgerissen worden waren. 2018 fingen die Arbeiten an, vor einem Monat, im Oktober 2021, war die Einweihung, zu der außer Uwe Mainz (Photo) mehrere Vorstandsmitglieder von Lachen Helfen auf die Halbinsel gereist waren. Anlässlich der Feierstunde in Koblenz war dies die Nachricht des Tages. (–> Hilfsprojekt Odessa-Sommerlager / Way Home)
So verwundert es nicht, dass nach Festreden, Festgottesdienst und Feldberichten die versammelten Gäste im Casino der Koblenzer Falckenstein-Kaserne noch in der Feierstunde verweilten und so manche Erinnerung austauschten.
(Photos: Peter Riege, Dietmar Schallwich, Helmut Michelis)