Fast jedem von uns ist mittlerweile bekannt, dass in zahlreichen Ländern der Welt die Zukunftsaussichten für viele Millionen Kinder denkbar schlecht sind. Das gilt in besonderem Maße für das durch kriegerische Auseinandersetzungen geschundene westafrikanische Land Mali in der Sahelzone. Im Rahmen der Multinationalen Integrierten Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali (MINUSMA) ist in der Region Mopti derzeit auch Kriminaloberkommissarin Verena Neundter für ein Jahr im Einsatz. Während einer Patrouillenfahrt mit Polizeikollegen im Februar 2019 traf sie in dem kleinen Dorf Takoti außerhalb des Ortes Sévaré auf rund 40 Kinder allen Alters, die zusammen in einem Ziegenstall unterrichtet wurden.

Hintergrund:

Kriege und Konflikte: Mali. Konfliktportrait von Christian Klatt (05-Nov-2020)

Kriege und Konflikte: Sahel – Ursachen der Gewalteskalation. Analyse von Olaf Bernau (21-Jan-2021)

Kriege und Konflikte: Stabilisierung der Sahelzone. Analyse von Daniel Bendix (02-Feb-2021)

Interaktive Karte: Atlas des Arabischen Frühlings (07-Jan-2022)

Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn – © 2020–2022 bpb (CC BY-NC-ND 3.0 DE)

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Verenas erster Blick in die „Schule“ am 12. Februar 2019

(MP4 · 00:20 min · HD · 4 MB)

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Ein Lehrer unterrichtet die Kinder unter ärmlichsten Bedingungen in einem Ziegenstall als einzig vorhandener Überdachung.

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Wer würde sich eine richtige Schule wünschen?

Verena Neundter nahm Kontakt zu Polizeihauptkommissar Heiko Lammertz im Lachen-Helfen-Vorstand auf, der im Jahr zuvor mit seinem Polizeikollegen Toni Kirchmair im sudanesischen Tawilah im Rahmen aufwendiger Hilfsprojekte den Bau von Schulen und anderen sozialen Einrichtungen verwirklicht hatte (siehe: Wiederaufbau der Jungenschule in Tawilah (Sudan)). Er wies Verena in das Procedere ein und reichte das Vorhaben gleichzeitig mit seiner Befürwortung im Verein weiter. Währenddessen setzte sich Verena mit den Behördenvertretern der übergeordneten Gemeinde Socoura zusammen und arbeitete einen Plan für die Finanzierung und Durchführung eines Schulneubaus für 200 Mädchen und Jungen im Alter von 6 bis 15 Jahren im Ort aus. Schon zwei Monate nach ihrem ersten Besuch war alles unter Dach und Fach, und es konnte los gehen.

Wenige Tage nach Vertragsunterzeichnung in der Gemeindeverwaltung Socoura am 17. April stand die erste von Lachen Helfen e.V. überwiesene Summe von € 47.000,– zur Verfügung. Die Baumaßnahmen konnten beginnen, und alle Beteiligten packten sofort an. Wie üblich wurden in Eigenleistung Lehmziegel geformt und zum Trocken unter der Sonne aufgereiht. Das Engagement, mit dem die Dorfbewohner unter der sengenden Sonne ans Werk gingen, und die Freude, die sie dabei auslebten, waren wirklich bemerkenswert. Auch die Kinder waren ständig mit Handreichungen und großem Körpereinsatz dabei. Aber am faszinierendsten war der Einsatz der Frauen aus dem Dorf: Tagtäglich versorgten sie die Arbeiter, indem sie Wasser heranschleppten und zu Hause gekochtes Essen.

So wurden Gräben für die Fundamente der Mauern gegraben und im Nu die Grundmauern aus den selbst gefertigten Ziegeln hochgezogen. Schon bald konnte man auf dem weitläufigen Gelände erkennen, wo die Kinder bald zur Schule gehen würden. Noch im Mai stand der Rohbau des Schulgebäudes und des seitlich daneben gelegenen Lehrerhäuschens.

Im August 2021 erzählte Verena Neundter in einem Interview des Internetforums „Future 4 Public“ von ihren Polizeimissionen in Mali und Bangladesch und wie es zu dem Bau der Schule in Takoti gekommen ist: Von Mali nach Bangladesch
(MP3 · 21:00 min · 29 MB – © Pro-Press Verlagsgesellschaft, Bonn, 01-Sep-2021)

Das Projekt zog Kreise in der gesamten Umgebung der Region Mopti. Von überall kamen die Menschen, um zu erkunden, was hier vor sich ging, und sie trugen ein ganz neues Bild von den „fremden“ Soldaten und Polizisten in ihrem Land mit nach Hause. Von nun an war der Bau der neuen Schule in dem kleinen Dorf Takoti das Gesprächsthema Nummer eins. Bald würde für die Kinder auch in diesem geschundenen Teil des Landes ein Traum in Erfüllung gehen. Sie werden in eine école fondamentale nach französischem Vorbild in die Schule gehen – so hat es sich Verena in den Kopf gesetzt. Schulbildung ist in einem durch innere Konflikte und Terrorismus destabilisierten Land das wichtigste, um Kindern überhaupt eine Perspektive für die Zukunft zu geben. Dabei war der Traum noch nicht zu Ende:

Lesen Sie, wie es weiterging und wie es noch während der Bauphase zur Erweiterung des Bauvorhabens um ein zweites Schulgebäude mit drei weiteren Klassen für nochmals 200 Kinder kam – und wie bereits Ende September 2019 die Einweihung von statten ging…