Von Oberst Bernd Grygiel, Leiter der Technischen Beratergruppe der deutschen Streitkräfte (GAFTAG [kein Internetlink verfügbar]), die im Rahmen von ISAF in Kabul eingesetzt ist, erreichte uns der folgende Bericht über die Situation an der Mädchenschule und den Stand der Entwicklung der Schulbildung in Afghanistan.

„Die Rabia Balkhi High School im Viertel Kart-e Tschar im Herzen der afghanischen Hauptstadt Kabul ist eine reine Mädchenschule. Sie ist eine staatliche höhere Schule, an der die Eltern keine Schulgebühren zahlen müssen. Sie hat einen außerordentlich guten Ruf, einen sehr engagierten Lehrkörper und gilt als die beste ihrer Art in Kabul und Umgebung. Die Schülerinnen kommen aus der ganzen Stadt und dem näheren Umland. Da es derzeit noch zu wenige weiterführende Schulen für Mädchen gibt, ist die Schulleitung bemüht, so viele Schülerinnen wie möglich bei sich aufzunehmen.

Aktuell besuchen etwa 3000 Schülerinnen die Schule in den Klassenstufen 1 bis 12. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse und der unzureichenden Anzahl an Lehrpersonen findet der Unterricht am Vormittag und am Nachmittag für jeweils 1500 Schülerinnen statt – durch ein und dieselben Lehrkräfte. Das heißt, circa hundert fachlich gut qualifizierte Lehrerinnen und zwei Lehrer unterrichten die Schülerinnen in Klassenstärken von 45–50 Mädchen. Für die 1. bis 3. Klasse wird der Unterricht insgesamt jeweils von einer Klassenlehrerin durchgeführt, ab der 4. Klasse ist er in Unterrichtsstunden durch die jeweiligen Fachlehrerinnen organisiert, wie wir das vom Gymnasium kennen.

Die Aufnahme von neuen Schülerinnen für die erste Sekundarstufe (ab der 4. Klasse) erfolgt durch eine Bestenauslese, d. h. die Schülerinnen müssen in ihren bisherigen Schulen mindestens zu den besten drei ihrer Klasse gehört haben.

Viele Schülerinnen besitzen eine hohe Begabung in den verschiedenen Fächern, wie Musik, Kunst, Sport oder auch den Naturwissenschaften, aber die Möglichkeiten zur Förderung sind aufgrund der geringen zur Verfügung stehenden Mittel und fehlenden Infrastruktur überaus beschränkt. Es gibt in der Regel keine Fachkabinette und Computerklassen und auch keine Sporthalle an den Schulen.

Für die vielen eigenen Kinder der Lehrerinnen gibt es einen schuleigenen Hort, in dem Kleinkinder ab einem Alter von bereits drei Monaten betreut werden. Dies ermöglicht den weiblichen Lehrkräften überhaupt erst, ihre Lehrtätigkeit auszuüben.“ (BGr)

Vor zwei Jahren, im November 2010, hatten die deutschen Soldaten vor Ort erstmals Tuchfühlung aufgenommen und über den Verein Lachen Helfen Sachspenden in Form von Schulmaterial besorgt und an die Schulmädchen verteilt. Bis zum darauffolgenden Frühjahr hatte der Verein dann Geldspenden gesammelt und im März 2011 erstmals € 8.000,– bereitgestellt, wovon eine Bestuhlung für die verschiedenen Altersklassen aus einheimischer Produktion angeschafft wurde. Zusätzlich wurden Computer, Drucker, Fernseher und allgemeines Unterrichtsmaterial besorgt sowie fehlende Ausstattung für den Chemie-, Biologie-, Physik- und für den Sportunterricht. Dazu kam eine Küchenausstattung für den schuleigenen Kinderhort sowie Betten und Decken für die Kleinkinder. Einige Artikel wurden auch wieder aus deutschen Sachspenden zur Verfügung gestellt.

Inzwischen gibt es den Plan, mit internationalen Mitteln die Schule durch einen Teilneubau zu erweitern.

Diesen Bericht finden Sie auch in den Lachen Helfen Nachrichten I/2012!