„Die Kinder vor Ort sind unvorstellbar fröhlich. Ihre Freude über das Erreichte ist regelrecht ansteckend. Das spornt uns natürlich weiter an“, berichten die beiden Polizeihauptkommissare Heiko Lammertz aus Mönchengladbach und Toni Kirchmair aus Köln. Was die beiden im Laufe ihres UN-Einsatzes innerhalb von neun Monaten in Tawilah in Nord-Darfur (Sudan) an Hilfsprojekten verwirklicht haben, das ist mehr als außergewöhnlich. Nach dem Wiederaufbau der fast vollständig zerstörten Jungenschule im Frühjahr 2018 haben sie jetzt das einzige Krankenhaus der Region, ebenfalls in Tawilah, wieder instandgesetzt und um eine Kinderstation und ein Kinderhospiz erweitert. In derselben Zeit wurden in der Nachbarschaft die Fenster der Mädchenschule repariert, die jüngst in einem Habub, das ist ein Sandsturm, zerstört worden waren. Und im kleinen Dörfchen Nima mitten in der Trockensavanne weit draußen von Tawilah ist noch der Bau eines Kindergartens im Gange. Alleine die beiden Schulen lassen jetzt 550 Jungen und 700 Mädchen wieder eine ordentliche Schulbildung zukommen, die ihnen im Verlauf des Darfur-Konfliktes viele Jahre nicht mehr geboten werden konnte.

„Zuvor gab es hier für die gesamte Region nur ein halb funktionstüchtiges Landkrankenhaus, dessen Zustand ebenfalls sehr schlecht war. Es hatte weder Strom noch Wasser, als wir es vor gut einem halben Jahr in Augenschein nahmen. Zudem war es völlig ungeschützt, da keine Schutzmauer und keine Tore vorhanden waren“, erläutert Heiko Lammertz. Es konnten zu dem Zeitpunkt nicht mehr als 40 Patienten pro Woche in Behandlung genommen werden. „In Absprache mit den Ärzten von Ärzte ohne Grenzen vor Ort entschlossen wir uns, die Krankenstationen zu renovieren und auszubauen. So erhielt das Hospital durch uns eine eigene Wasserversorgung“, fährt er fort. „Wir haben bis in 72 m Tiefe einen Brunnen bohren lassen, und Wasserleitungen führen nun bis in die Gebäude, so dass die Patienten mit sauberem Frischwasser versorgt werden können. Eine Solaranlage liefert 24 Stunden am Tag Strom, und eine 700 m lange Mauer um das Gelände schützt die Patienten und Mitarbeiter – insbesondere die Frauen kommen jetzt viel lieber hierher.“

Neben dem Bau der dringend notwendigen Kinderstation auf dem Krankenhausgelände ergab sich ein besonderer Aspekt, der an die Helfer in der Planungsphase herangetragen worden war. Die Ärzte hatten einfühlsam erläutert, dass es bei der grundsätzlich hohen Kindersterblichkeit in der hier lebenden Bevölkerung einen Bedarf an einem Kinderhospiz gäbe, in das sich Mütter mit Kindern zurückziehen könnten, denen sie langfristig medizinisch nicht mehr helfen könnten. So war auch dies mit dem Bau eines separaten kleinen Häuschens berücksichtigt worden und fand bei der Übergabezeremonie besondere Anerkennung.

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Eine Riesenmenge an Kindern ist zusammengekommen, um der Ehrung der beiden „Helden“ beizuwohnen.

(MP4 · 00:55 min · HD720 · 25 MB) – Während der Eröffnungsfeier. Leider im Hochformat, aber da können die Kinder nicht für.

Die umfangreichen Hilfsmaßnahmen der beiden deutschen Polizisten hatten inzwischen über die Region und das Land hinaus Kreise bis in die offiziellen Stellen der Vereinten Nationen gezogen. So schaffte es diesmal auch der deutsche Vizebotschafter Holger Tillmann in Khartum, dem zuvor aus Sicherheitsgründen die Reise in die Region verwehrt war, am Tag der Wiederaufnahme des Krankenhausbetriebs und der neuen Einrichtungen für Kinder als Vertreter der UN mit einem Hubschrauber für ein kurzes Zeitfenster einzufliegen. Die örtlichen Vertreter nahmen das zum Anlass, den beiden Deutschen offiziell den Ehrentitel „Held von Tawilah“ zu verleihen und sie wieder mit Ehrenschärpen auszustatten. Denn für die kriegsgeschundenen, bisher so vernachlässigten 250.000 Einwohner stellte dieser Tag, der 30. Oktober 2018, den Aufbruch in eine neue Zeit dar. Das mitten im Nichts gelegene Tawilah war wieder ein zentraler Punkt in Nord-Darfur, in dessen Einzugsbereich 136 Dörfer und fünf große Binnenflüchtlingslager versorgt werden. Die Region war der Hotspot bei Ausbruch der kriegerischen Unruhen in Darfur gewesen, und jetzt sollte von hier aus wieder der Frieden ins Land getragen werden.

Lachen Helfen e.V. schaffte es erstmalig (für eine Weile) in die Website des Hauptquartiers der Vereinten Nationen in New York, und es gab in der Ausgabe der letzten Oktoberwoche einen Eintrag mit unseren Photos in „The Weekly Report“ von UNAMID (PDF – Seite 2).

„Der Kindergarten in Nima ist mittlerweile fertig. In drei Tagen, am 2. November 2018, wird auch dort die Einweihung gefeiert, und wir fahren dorthin,“ sagt Heiko Lammertz zum Schluss. Kleine Summen, große Wirkung: Der gesamte Spendenbetrag für alle vier Hilfsprojekte in Tawilah und Umgebung beläuft sich auf „nur“ etwa € 55.000,–. Dafür haben die beiden deutschen Polizisten in Eigeninitiative zwei Schulen und einen Krankenhauskomplex wieder aufgebaut und noch diesen Kindergarten weit da draußen. Gerade die Frauen des kleinen Dorfes, die meisten Binnenflüchtlinge im eigenen Land, sind unendlich dankbar für die Hilfe, die ihnen jetzt erlaubt, für Gelegenheitsarbeiten ins weite Umland auszuschweifen, während ihre Kinder gut behütet sind. Am Knotenpunkt Tawilah in der weiten Trockensavanne Nord-Darfurs freuen sich indes mehr als 1300 Kinder darüber, dass sie zur Schule gehen können.

(MP4 · 00:14 min · SD · 4 MB) – Zum guten Schluss

Lesen Sie hierzu auch den Bericht in der Chronik „25 Jahre Lachen Helfen“ (Seite 70 f.)!