Ausgediente PCs für ein Ständchen auf der Schäferflöte

Seit 20 Jahren ist die Bundeswehr auf dem Balkan aktiv (IFOR / SFOR). Dieser Bericht erreichte uns vergangenes Jahr von den Einsatzkräften im Kosovo:

„Alles begann mit der IT-Erneuerung und dem damit verbundenen Austausch aller Computer im deutschen Einsatzkontingent KFOR im zweiten Halbjahr 2015. Die Altgeräte landeten auf der Aussonderungsliste, die den Kameraden, zuständig für zivil-militärische Zusammenarbeit (CIMIC), das Herz bluten ließ. Die Zauberformel für die Wiederbelebung eines Teils der PCs steckte letztlich in einem Antrag auf Überlassung zu humanitären Zwecken.

Im Verbund mit der Logistik- und IT-Abteilung „retteten“ Hptm Johannes W. und OStFw Jens S. damit 45 PCs für einen guten Zweck. Die Hilfsorganisation Lachen Helfen sprang der Aktion zur Seite und spendierte neue Festplatten im Wert von € 1215,–.

Anfang Januar 2016 standen dann auch die Spendenempfänger fest. 1500 Schüler und das Lehrpersonal in drei Schulen in und um Prizren freuten sich über die unverhoffte IT-Ausstattung.

Zum ersten „Einsatz“ verließ das Spendenteam am 14. Januar 2016 das Feldlager mit dem Ziel Novo Selo, einem Dorf in der Großgemeinde Prizren. Die Sonne strahlte über den Rücken des Sharr-Gebirges und seine schneebedeckten Bergspitzen. Dreißig Minuten dauerte die Fahrt die Serpentinen hoch zur Grundschule des verschlafenen Ortes in den Bergen. Herzlich begrüßten die Lehrer und Schüler die Männer in Flecktarn. Gratis dazu gab es ein atemberaubendes Panorama. Unter den neugierigen Blicken der Kinder waren fünf PCs, Bildschirme, Tastaturen und Zubehörteile rasch abgeladen und im Klassenraum aufgestellt. Als Zeichen der Dankbarkeit überreichte Alija Fejza, der Schuldirektor, Hptm Johannes W. eine Urkunde. Nach einem Gruppenphoto vor der kleinen Schule ging es zurück ins Feldlager Prizren.

Die Männer bereiteten sogleich die zweite Spendenaktion vor. Kurze Zeit später bewegten sich die Fahrzeuge mit zehn IT-Ausstattungen wieder durch den zähfließenden Verkehr Prizrens. Dieses Mal endete die Fahrt an der Šar-Grundschule der idyllisch gelegenen Ortschaft Pousko. Dort bestand das Empfangskomitee aus sechzig Schülern und dem Lehrpersonal. Für das herrliche Bergpanorama hatten die Überbringer auch hier nur einen Augenblick. Noch während sie im Klassenraum mit dem Aufbau beschäftigt waren, erhielt Hptm Johannes W. aus den Händen des Direktors Mujo Elezi die zweite Dankurkunde dieses Tages. Fleißig wurden Hände geschüttelt und Danksagungen ausgetauscht. Einer der Lehrer bedankte sich spontan auf seine Art: Auf einer Schäferflöte spielte er Melodien aus dem hiesigen Leben der Schäfer. Ein bewegender Moment im Leben eines KFOR-Soldaten. Die Schüler hatten derweil vor den PCs Platz genommen und testeten ihre neuen Lehrmittel.

Vier Tage später folgte der dritte Streich dieser einzigartigen Aktion. Es ging in die Technische Schule „11 Marsi“ („11. März“) in Prizren, die 30 neue Rechner verbuchen konnte. Zum Glück war der Weg an diesem Tag nicht all zu weit. Trotz 20 Zentimeter Neuschnee, frostigen Temperaturen und eisigem Wind lief alles nach Plan. Die Azubis und das Lehrpersonal halfen fleißig beim Abladen. In zwei Klassenräumen fanden die ausgemusterten PCs, Monitore und Tastaturen des deutschen Einsatzkontingents eine neue Heimat. Die Technische Schule bildet 1400 Schüler in 15 technischen Berufen aus. Das Fach Informationstechnik sei dabei sehr wichtig für die Schüler, betonte der stellvertretende Direktor Enver Bytyqi. Dem Dank an die Gäste in Uniform folgte eine Führung durch die Lehranstalt. Stolz präsentierte Enver Bytyqi die aus Hamburg stammenden Maschinen zur Metallverarbeitung und lobte die gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) erstellten Lehrpläne. Der praktische Unterricht und die Kooperation mit den hiesigen Unternehmen würden immer wichtiger, um die Schüler bestmöglich auf das Arbeitsleben vorzubereiten, führte er weiter aus. Mit den deutschen PCs konnte das praktische Ausbildungsmosaik der Technischen Schule um ein weiteres Stück ergänzt werden.

Am Ende eines aufregenden Tages standen Hptm Johannes W. und OStFw Jens S. zufrieden in ihrem Büro im Feldlager Prizren. Ein gutes Gefühl blieb auch der gesamten Mannschaft des deutschen KFOR-Kontingents hier in Prizren: Sie hatten sich für eine gute Sache engagiert und an der richtigen Stelle investiert, in die Zukunft eines Landes – nämlich in die Jugend.“

Diesen Bericht finden Sie auch in den Lachen Helfen Nachrichten I/2017 und in der Chronik „25 Jahre Lachen Helfen“ (Seite 73)!

Nachsatz: Im nächsten Schuljahr, April 2017, waren die Soldaten wieder in Pousko und brachten der Šar-Grundschule eine Auswahl an Schulmaterial.